Der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) sieht schwere Zeiten für die Finanzen des gesetzlichen Gesundheitssystems in Deutschland voraus. Ohne grundlegende Reformen drohe im nächsten Jahr ein Finanzloch von bis zu 30 Mrd. Euro, so der Alarmruf auf der diesjährigen Neujahrs-Pressekonferenz des Verbandes.
Dabei ist es noch nicht lange her, seit der Bundestag das GVK-Finanzstabilisierungsgesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach verabschiedet hat. Erst Ende Oktober hatten die Parlamentarier den Weg für das Maßnahmen-Paket frei gemacht. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass die im Paket vorgesehenen Finanzhilfen, Sparmaßnahmen, Rücklagenauflösungen sowie die Erhöhung der Zusatzbeiträge um 0,3 Prozentpunkte nur für 2023 einen finanziellen Ausgleich ermöglichen würden. Weiter reichte die Perspektive des Gesetzes nicht. Kritiker bemängelten denn auch dessen fehlende Nachhaltigkeit.
Weiter steigende Kosten und Wegfall von Bundeszuschüssen
Grund für die düstere Prognose des 30 Milliarden-Defizits sind vor allem die weiter steigenden Kosten der Krankenkassen und der Wegfall von Bundeszuschüssen. Der vdek rechnet für 2023 mit einem Ausgabenanstieg von fünf Prozent und mit einem weiteren von vier Prozent in 2024. Der Anstieg sei sowohl mengenmäßig, als auch preismäßig begründet. Die in diesem Jahr gewährten Bundeszuschüsse sind großenteils einmalig und fallen nächstes Jahr wieder weg. Die Rücklagenpolster der Krankenkassen sind inzwischen so weit abgeschmolzen, dass ein weiterer Zugriff kaum mehr möglich ist. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat die vorhandenen Finanzreserven nochmals stark strapaziert.
Zusatzbeiträge müssten ohne Bundeszuschüsse um 2 Prozentpunkte steigen
Um das drohende Defizit auszugleichen, müssten die Zusatzbeiträge - ohne weitere Maßnahmen – um rund 2 Prozentpunkte steigen, also von aktuell durchschnittlich 1,6 Prozent auf 3,6 Prozent. Das würde eine drastische Verteuerung der Beiträge bedeuten. Der Gesamtbeitragssatz (allgemeiner Beitrag 14,6 Prozent + Zusatzbeitrag) würde sich auf 18,2 Prozent erhöhen - ein Rekordwert. Um dies abzufedern, fordert der vdek eine Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel von 19 Prozent auf 7 Prozent. Das würde den Kostenanstieg bremsen. Außerdem setzt sich der Verband für eine Dynamisierung des Bundeszuschusses sowie für eine kostendeckende Bezuschussung der Leistungen für Bürgergeld-Empfänger ein. Beides wird seit Längerem auch vom GKV-Verband gefordert. Die Maßnahmen stehen außerdem im Koalitionsvertrag der „Ampel“, wurden aber bisher nicht umgesetzt.
Sozialverband fordert grundlegende Finanzreform
Schützenhilfe erhält der vdek auch vom Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD). Dieser fordert eine durchgreifende zukunftsorientierte Finanzreform für das gesetzliche System. Es müsse Schluss damit sein, dass man sich mit einem Flickenteppich an Maßnahmen von Jahr zu Jahr hangele. Das sei nur ein notdürftiges Löcherstopfen, ohne grundsätzlich die Finanzierung der Krankenkassen auf eine solide Grundlage zu stellen.
Der vdek ist der Interessenverband für die Ersatzkassen Deutschlands und vertritt die sechs Mitglieder Barmer Ersatzkasse, DAK-Gesundheit, HEK - Hanseatische Krankenkasse, Handelskrankenkasse, Kaufmännische Krankenkasse - KKH und tk Techniker Krankenkasse. Bei den Ersatzkassen sind rund 28,3 Mio. Menschen versichert, ca. 38,3 Prozent der Mitglieder in der GKV. Der Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD) ist ein sozialpolitischer Interessenverband, der sich bereits seit 1917 für sozialpolitische Anliegen in Deutschland einsetzt.