Widersprüchliches Verhalten - Umgang der gesetzlichen Krankenkassen mit Widersprüchen

News-Artikel vom: 23.08.2023

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) ist für die meisten Bundesbürger eine nahezu unbekannte Institution, kommt man doch mit dieser obersten Bundesbehörde nur selten in Berührung. Dabei hat das BAS durchaus eine tragende Funktion im Bereich der Sozialversicherung. Sie verwaltet den Gesundheitsfonds und übt die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung aus.

Im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen zählen dazu die Krankenkassen, deren Zuständigkeitsbereich mehr als drei Bundesländer umfasst, inklusive der zugehörigen Pflegekassen. Das sind praktisch alle Betriebskrankenkassen , die Mehrzahl der Innungskrankenkassenund die Ersatzkassen sowie die Knappschaft und die landwirtschaftliche Krankenkasse . Im Rahmen des kürzlich vorgelegten BAS-Tätigkeitsberichts für das Jahr 2022 hat sich die Behörde ausführlicher mit der Widerspruchspraxis der beaufsichtigten Krankenkassen befasst, weil sie Anlass zur Kritik bietet.
 

Widerspruchsverfahren - ein genau festgelegter Ablauf

Dazu folgender Hintergrund: bei bestimmten Behandlungen, Medikamenten oder Hilfsmittel leisten die Krankenkassen nicht automatisch, sondern Versicherte müssen vorher eine Genehmigung einholen. Dabei muss in der Regel die medizinische Notwendigkeit nachgewiesen werden. Lehnt die Krankenkasse die Genehmigung ab, besteht die Möglichkeit, hiergegen Widerspruch einzulegen. Ein Widerspruch muss üblicherweise innerhalb von vier Wochen nach Bekanntwerden der Ablehnung erfolgen.

Die Krankenkasse hat dann den Genehmigungsantrag erneut zu prüfen und wieder zu entscheiden. Das Ergebnis teilt sie in einem Widerspruchsbescheid mit. Wenn der Widerspruch abgelehnt werden soll, muss die Krankenkasse dies gegenüber einem unabhängigen Widerspruchsausschuss begründen. Diesen Schritt versuchen die Kassen gerne zu vermeiden - nicht nur wegen des Verwaltungsaufwands, die Einschaltung des Widerspruchsausschusses macht auch den Weg frei für Klagen beim Sozialgericht. Deshalb werden Versicherte oft gedrängt, ihren Widerspruch zurückzunehmen. Ein häufig gebrauchtes Argument dabei: die zu erwartende Aussichtslosigkeit des Vorhabens.
 

BAS - kritischer Blick auf Arbeitsanweisungen der Krankenkassen 

Im Berichtsjahr 2022 hat das BAS verstärkt die internen Arbeitsweisungen der Krankenkassen zum Umgang mit Widersprüchen geprüft und dabei einige rechtlich problematische Regelungen identifiziert. Bei einem Großteil der Arbeitsanweisungen wurden - auch mehrfache - telefonische Kontaktaufnahmen mit dem Ziel vorgegeben, Versicherte zur Rücknahme des Widerspruchs zu bewegen. Das stellt eine unzulässige Praxis dar. Bei einigen Krankenkassen existierten nicht einmal Arbeitsanweisungen.

Mit irreführenden Schreiben wurde außerdem der Eindruck erweckt, die Ablehnung des Widerspruchs sei bereits beschlossene Sache. Eine weitere beanstandete Handhabung betraf pauschale schriftliche Aufforderungen an Versicherte mit einer Fristsetzung, eine Erklärung zum Widerspruch abzugeben. Konkret wurde u.a. die Handhabung von zwei Pflegekassen beanstandet, die Schreiben mit formularmäßigen Antworten zur (Nicht-)Aufrechterhaltung des Widerspruchs versandt hatten.

Das BAS hat mit insgesamt elf Krankenkassen „klärende Gespräche“ geführt, um eine Anpassung der Arbeitsweisungen zu erreichen.
 

Erfreulich - rückläufige Beanstandungen durch das BAS

Sieht man von dem Thema „Widerspruchspraxis“ ab, zeigt der BAS-Tätigkeitsbericht aber auch ein erfreuliches Bild. Die Zahl der Eingaben von Versicherten mit Beschwerden war im Berichtsjahr im Vergleich zu den beiden Vorjahren rückläufig. Sie lag bei 2.451 (-3,1 Prozent gegenüber 2021). Auch die Zahl der daraufhin erfolgten Beanstandungen durch das BAS ging zurück - sowohl absolut als auch relativ. Die Zahl der Beanstandungen sank auf 442. Die Beanstandungsquote (Beanstandungen/Eingaben in Prozent) verringerte sich von 22 Prozent auf 15 Prozent.

 

 

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