Outsourcing von Krankenkassenleistungen - Bundessozialgericht macht Grenzen deutlich

News-Artikel vom: 19.09.2023

Die Auslagerung von Leistungen, Geschäftsprozessen und organisatorischen Teilbereichen an externe Dienstleister ist bei Unternehmen ein beliebtes Instrument, um (Fix-)Kosten zu sparen und effizienter zu wirtschaften. In der betriebswirtschaftlichen Fachsprache hat sich dafür der Begriff „Outsourcing“ eingebürgert. Outsourcing-Anstrengungen gibt es auch bei Krankenkassen. Allerdings hat der Gesetzgeber für die Auslagerung relativ enge Grenzen gezogen. Zwei aktuelle Urteile des Bundessozialgerichts machen nochmal deutlich, wo diese genau liegen.

Grundlegende Norm für das Outsourcing von Krankenkassen-Aufgaben ist § 197b SGB V (Aufgabenerledigung durch Dritte). Gesetzliche Krankenkassen dürfen danach Aufgaben an Krankenkassen-Arbeitsgemeinschaften oder an externe Dritte auslagern, wenn die Aufgabenerledigung dadurch wirtschaftlicher wird, das Outsourcing „im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liegt“ und Versichertenrechte im Übrigen unberührt bleiben. „Wesentliche Aufgaben“ - die sogenannten Kernleistungen einer Krankenkasse - dürfen allerdings ausdrücklich nicht ausgelagert werden (Vgl. § 197b Satz 2 SGB V).
 

Bundessozialgericht verweist auf striktes Outsourcing-Verbot für Kernleistungen 

In den beiden beim Bundessozialgericht verhandelten Fällen ging es um Klagen von Betriebskrankenkassen gegen das Bundesamt für Soziale Sicherung als zuständige Aufsichtsbehörde. Die Krankenkassen hatten wegen Personalmangel bestimmte Aufgaben an externe Dienstleister vergeben. Dabei ging es u.a. um die Bearbeitung von Anträgen für Zuzahlungsbefreiungen und die Überprüfung der Voraussetzungen für eine Kurzzeitpflege. Das Bundesamt hatte die Auslagerung dieser Aufgaben unter Verweis auf das Outsourcing-Verbot für Krankenkassen-Kernleistungen untersagt und die Kassen angewiesen, ihre Dienstleistungsverträge zu kündigen.

In beiden Fällen wies das Bundessozialgericht die Klagen der Betriebskrankenkassen zurück (BSG, Urteile vom 30.08.2023 - Az.: B 3 A 1/23 R, B 3 A 1/22 R) und folgte damit Entscheidungen von zwei Landessozialgerichten als Vorinstanzen. Zur Begründung führten die Richter an: bei den ausgelagerten Aufgaben habe es sich um Kernleistungen von Krankenkassen gehandelt, für die das Outsourcing-Verbot gemäß § 197b Satz 2 SGB V gelte. Die von den beiden Betriebskrankenkassen vorgebrachte Begründung, dass die gewählte Lösung im Interesse der Betroffenen gewesen sei und durch das Outsourcing einer wirtschaftlicheren Aufgabenerledigung ermöglicht wurde, akzeptierte das Gericht nicht. Diese Aufgaben müssten zwingend mit eigenem Personal und eigenen Mitteln erledigt werden.
 

Bundesamt-Rundschreiben: wo Outsourcing möglich ist

Damit wurde die Linie des Bundesamtes für Soziale Sicherung bestätigt. Das Amt hatte zuletzt im Mai 2021 mit einem Rundschreiben an die beaufsichtigten Krankenkassen ausführlich zur Outsourcing-Thematik Stellung genommen. Dabei wurde nochmals ausdrücklich auf das Auslagerungsverbot für Kernleistungen hingewiesen. Vor allem die einzelfallbezogene Sachbearbeitung im Rahmen der Leistungsgewährung und die individuelle Beratung von Versicherten dürften nicht ausgelagert werden.

Das Amt nennt in seinem Rundschreiben auch Beispiele für mögliche Outsourcing-Felder:

  • Einrichtung von Sonderhotlines zu spezifischen Themen wie Bonus-Programmen oder Gesundheitsinformationen;
  • Lösungen zur Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit über Kernzeiten hinaus und zur Abdeckung von Anfragespitzen.

In beiden Fällen darf der externe Telefon-Service aber keine individuelle Beratung durchführen. Zulässig ist nur die Weitergabe allgemeiner Informationen oder die Behandlung von Fragen ohne rechtlichen Bezug wie zum Beispiel Adressänderungen.

  • im Bereich der Sachbearbeitung dürfen allgemeine administrative Unterstützungsaufgaben wie Scannen der Eingangspost, Datenerfassung oder Postdienstleistungen ausgelagert werden. Nicht auslagerungsfähig ist dagegen die einzelfallbezogene Sachbearbeitung und Entscheidungsfindung.

Das Bundesamt weist in seinem Rundschreiben auch darauf hin, dass es Umgehungsversuche des Outsourcing-Verbots durch Gründung von Arbeitsgemeinschaften nicht dulden werden. Das Amt bezog sich damit auf einen Fall, in dem Krankenkassen eine Arbeitsgemeinschaft gegründet hatten, die dann ihrerseits (Kern-)Leistungen outsourcen wollte.
 

Nicht nur für vom Bundesamt beaufsichtigte Krankenkassen relevant 

Insgesamt zeigen die Vorgaben des Bundesamtes für Soziale Sicherung und die höchstrichterliche Rechtsprechung, dass sich Outsourcing-Potentiale bei Krankenkassen in einem engen rechtlichen Rahmen bewegen. Dieser Rahmen gilt für alle Krankenkassen, nicht nur für die vom Bundesamt für Soziale Sicherung beaufsichtigten Kassen. Das Bundesamt übt die Rechtsaufsicht über die sogenannten bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger aus. Im Bereich der Krankenkassen gehören dazu insbesondere Krankenkassen, deren geografische Zuständigkeit mehr als drei Bundesländer umfasst. Das gilt u.a. für die Ersatzkassen und die Mehrzahl der Betriebskrankenkassen .

 

 

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