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Bonusprogramme sind ein beliebtes Instrument der gesetzlichen Krankenkassen, um sich von Wettbewerbern abzuheben und Mitglieder an sich zu binden. Die Programme bieten über die gesetzlichen Regelleistungen hinaus Vorteile, wenn bestimmte Vorsorgemaßnahmen absolviert werden oder gesundheitsbewusstes Verhalten unter Beweis gestellt wird. Die Boni fließen in Form von Geldzahlungen oder Sachprämien.
Allerdings können sich gesetzlich Versicherte nicht immer darauf verlassen, dass einmal eingeführte Regeln für ein Bonusprogramm auch dauerhaft Bestand haben. Nachträgliche Änderungen an den Bonusbedingungen sind möglich und können unter Umständen auch rückwirkend die Bonusansprüche beeinflussen. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Sozialgerichts Braunschweig (Urteil v. 18.03.2024 - Az.: S 6 KR 41/23).
Zehn Jahre Bonusverlust wegen Fristversäumnis
In dem Verfahren hatte ein Kläger die Zahlung von Boni von seiner Krankenkasse - der deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See - gefordert. Dabei ging es um ein Programm, das gesundheitsbewusstes Verhalten - zum Beispiel Teilnahme an Sportangeboten, Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen - mit einem „Gesundheitsbonus“ belohnt. Der Mann verlangte die Boni für die Jahre 2012 bis 2022 - also für einen Zeitraum von zehn Jahren. Die notwendigen Nachweise zur Erfüllung der Bonusbedingungen waren erbracht worden, allerdings hatte die Krankenkasse die Bonusgewährung unter Hinweis auf die verspätete Einreichung der Belege für den fraglichen Zeitraum abgelehnt.
Das Pikante dabei: die Krankenkasse hatte die Bedingungen für das Bonusprogramm nachträglich geändert. Im November 2021 war eine entsprechende Satzungsänderung von der Vertreterversammlung genehmigt worden. Das Programm hatte dadurch neuen Zuschnitt erhalten. U.a. war eine neue Fristenregelung für die geforderten Nachweise eingeführt worden. Boni werden danach jeweils für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember eines Jahres gewährt und die notwendigen Nachweise müssen bis zum 31. März des Folgejahres eingereicht werden, sonst verfällt der Anspruch. Über die Änderung informierte die Krankenkasse über die Medien und in der Mitgliederzeitschrift „tag“. Eine persönliche Information fand nicht statt.
Nachträgliche Satzungsänderung möglich - ausreichende Information
Die sei auch nicht notwendig gewesen, befanden die Braunschweiger Richter und wiesen die Klage ab. Die Krankenkasse sei berechtigt gewesen, ihre Satzung zu ändern. Da es sich bei der Satzung um eine allgemeingültigen - die Kassenmitglieder betreffende - Rechtsnorm handele, habe keine Verpflichtung zur individuellen Information bestanden. Durch die Medienveröffentlichungen und die Information in der Mitgliederzeitschrift habe für den Kläger ausreichend Gelegenheit bestanden, die Satzungsänderung zur Kenntnis zu nehmen.
Es sei auch kein verfassungsmäßig garantiertes Recht verletzt worden. Vielmehr handele es sich hier um den verfassungsrechtlich ausdrücklich erlaubten Fall einer sogenannten unechten (belastenden) Rückwirkung . Eine unechte Rückwirkung liegt im Recht dann vor, wenn eine Norm (nachträglich) neue Rechtsfolgen an Sachverhalte knüpft, die in der Vergangenheit bereits begonnen haben, aber zum Zeitpunkt der Normeinführung noch nicht abgeschlossen sind.