Urteil: Cannabis bei Alkoholsucht - keine Kassenleistung

Die Ampelkoalition will den Gebrauch von Cannabis legalisieren und eine kontrollierte Abgabe

auch zu nichtmedizinischen Zwecken erlauben. Schon länger zugelassen ist der sogenannte Medizinal-Cannabis, der Einsatz von Cannabis im Rahmen von medizinischen Behandlungen. Die Voraussetzungen dafür sind streng und im Einzelnen im Fünften Sozialgesetzbuch (§ 31 Abs. 6 SGB V) geregelt.

Gesetzlich Versicherte haben danach Anspruch auf Cannabis, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die eine den medizinischen Standards entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht oder nach ärztlicher Beurteilung im konkreten Fall nicht anwendbar ist. Sind die Voraussetzungen geben, gehört die Cannabis-Behandlung zur Kassenleistung.
 

Cannabis-Regelung wirft Auslegungsfragen auf

Cannabis wird in erster Linie zur Linderung schwerer chronischer Schmerzen eingesetzt. Helfen kann Cannabis auch, wenn Muskelkrämpfen bei multipler Sklerose oder Beinlähmung auftreten, bei Übelkeit im Zusammenhang mit einer Chemotherapie oder bei ungewolltem Gewichtsverlust infolge einer schweren Erkrankung, zum Beispiel AIDS.

Das Gesetz hat die konkreten Krankheitsbilder und Beschwerden, bei denen Cannabis anwendbar ist, nicht näher benannt, sondern stattdessen allgemeine Kriterien dafür aufgestellt. Das wirft zwangsläufig Auslegungsfragen auf. Daher überrascht es nicht, dass Cannabis-Therapien Auslöser für eine ganze Reihe eine Rechtsstreiten ist, bei denen Gerichte über die Notwendigkeit und Berechtigung einer Cannabis-Behandlung zu entscheiden haben. In der Regel geht es gleichzeitig um die Krankenkassen-Pflicht zur Kostenübernahme.
 

Hessisches Landessozialgericht verneint Cannabis-Anspruch

So verhält es sich zum Beispiel bei einem Fall, über den kürzlich das Hessische Landessozialgericht (LSG Hessen, Urteil v. 17.03.2022 - Az.: Az. L 1 KR 429/20) zu befinden hatte. Geklagt hatte ein 70jähriger Mann aus dem Landkreis Gießen. Der Kläger ist seit vielen Jahren alkoholsüchtig und gab an, seinen Suchtdrang lange erfolgreich mit Cannabis bekämpft zu haben. Die dafür nötigen Pflanzen hatte er selbst angebaut. Der Anbau sei ihm allerdings mittlerweile untersagt worden. Daraufhin drängte er auf eine medizinische Cannabis-Versorgung und entsprechende Kostenübernahme durch seine Krankenkasse.

Diese lehnte den Wunsch allerdings ab und verwies den Kläger auf die Möglichkeit einer regulären Entwöhnungstherapie. Dieser Auffassung schlossen sich auch die Richter am Landessozialgericht sowie die Richter in der Vorinstanz an. Alkoholsucht könne mit entsprechenden Reha-Maßnahmen, Psychotherapie und medikamentöser Rückfallprophylaxe wirksam behandelt werden. Dies sei medizinischer Standard. Der behandelnde Arzt habe im vorliegenden Fall nicht begründen können, warum eine solche Behandlung bei dem Kläger nicht anwendbar sei. Das sei aber Voraussetzung für den Cannabis-Einsatz.
 

Nur medizinische Gründe zählen bei Cannabis-Behandlung

Ebenfalls nicht gelten ließen die Richter das Argument des Klägers, während einer Entwöhnungstherapie nicht erwerbstätig sein zu können. Entscheidend für Cannabis-Anwendung seien alleine medizinische Gründe. Berufliche Schwierigkeiten oder Probleme in der persönlichen Lebensführung dürften keine Rolle spielen. Das Urteil ist rechtskräftig - eine (nochmalige) Revision wurde nicht zugelassen.