Die sogenannte große Krankenhausreform gehört zu den zentralen Projekten von Bundesgesundheitsminister Lauterbach . Zugleich ist es eines der umstrittensten Vorhaben der deutschen Gesundheitspolitik, denn die geplanten Änderungen greifen tief in die Krankenhauslandschaft ein. Die Transformation in ein Krankenhaussystem mit Zukunft erfordert viele Milliarden Euro - ein erheblicher Teil davon soll durch die gesetzlich Versicherten aufgebracht werden.
Ein Kernstück der Reform ist eine neue Form der Krankenhausfinanzierung . Lauterbach will eine Abkehr von der Finanzierung über Fallpauschalen. Sie schaffe falsche Anreize und verleite Kliniken dazu, möglichst viele Operationen und Untersuchungen durchzuführen. Die Pauschalen sollen zwar nicht ganz abgeschafft werden. Künftig sollen die Krankenhäuser aber 60 Prozent ihrer Vergütung nur für das Vorhalten von Kapazitäten erhalten. Gleichzeitig ist eine stärkere Differenzierung bei den Leistungen beabsichtigt. Kliniken sollen Leistungen nur noch dann abrechnen dürfen, wenn sie dafür bestimmte Mindeststrukturen vorweisen können. Dazu sieht die Krankenhausreform 65 Leistungsgruppen vor. Insgesamt soll durch die vorgesehenen Maßnahmen die Behandlungsqualität verbessert und eine flächendeckende Versorgung mit Klinikleistungen sichergestellt werden.
Erste Lesung des Reformgesetzes noch vor der Sommerpause
Nach langen Vorbereitungen wird die Gesetzgebung zur Krankenhausreform nun konkret. Lauterbach startete in der ersten Aprilhälfte eine Reihe von Beratungsgesprächen mit Vertretern von Kommunen, Ländern und der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Bereits im März war erstmals der Referentenentwurf eines Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes bekannt geworden. Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich die Krankenhausreform. Verbände und Länder können bis Ende April dazu Stellung nehmen. Die Ressortabstimmung des Gesetzentwurfes ist noch nicht abgeschlossen. Am 8. Mai soll sich das Bundeskabinett mit dem Entwurf befassen und Lauterbach strebt die erste Lesung des Gesetzes im Bundestag noch vor der Sommerpause an.
Länder drohen mit Verfassungsklage
Von Seiten der Länder kam bereits scharfe Kritik. Ein Hauptvorwurf lautet, dass das Gesetz die Versorgungssicherheit gefährde, weil zu viele Krankenhäuser ihre Leistungsangebote wegen der erforderlichen Mindeststrukturen reduzieren müssten. Eine weitere Kritik entzündet sich an der geplanten „Ausbootung“ der Länder im Gesetzgebungsverfahren. Lauterbach will das Gesetz so formulieren, dass es nicht der Zustimmung der Länderkammer - des Bundesrats - bedarf. Dagegen wehren sich die Länder heftig. Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben bereits ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Verfassungsmäßigkeit des geplanten Vorgehens bezweifelt. Bayern und auch Nordrhein-Westfalen drohen mit Klagen beim Bundesverfassungsgericht .
U.a. fürchten die Länder, dass der Bund mit der Reform zu stark in die Hoheit der Länder bei der Krankenhausplanung eingreifen könnte. Lauterbach hatte in den letzten Monaten bereits einige Abstimmungsrunden mit den Ländern geführt. Die Verhandlungen stockten allerdings zuletzt. Mit seiner „Umgehung“ des Bundesrates will der Minister den Gordischen Knoten durchschlagen.
Krankenkassen denken auch an juristische Schritte
Die gesetzlichen Krankenkassen stoßen sich ebenfalls an der Reform. Deren Hauptziele werden zwar begrüßt, kein gutes Haar lässt man aber an der geplanten Finanzierung des Klinikumbaus. Lauterbach will dafür einen 50 Mrd. Euroschweren Transformationsfonds schaffen. Der soll jeweils zur Hälfte von den Ländern und vom Bund dotiert werden. Auf Bundesseite will Lauterbach dafür allerdings nicht Steuermittel, sondern Mittel aus dem Gesundheitsfonds einsetzen. In diesem Topf werden die Beiträge der Kassenmitglieder gesammelt, ehe sie an die Krankenkassen verteilt werden.
Der GKV-Verband beklagt eine einseitige Belastung der gesetzlich Versicherten durch dieses Finanzierungsmodell. Der Klinikumbau sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die der Steuerzahler aufkommen müsse. Privatversicherte blieben bei der Finanzierung der Krankenhaustransformation zu Unrecht außen vor. Deshalb behält man sich auch hier juristische Schritte vor.
Das Fazit lautet: das letzte Wort über Lauterbachs Reform ist noch nicht gesprochen. In den weiteren Beratungen des Gesetzes dürfte es noch manche heiße Debatten geben.
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