Viele Krankenhaus-Aufenthalte sind überflüssig

Im Jahr 2020 haben die gesetzlichen Krankenkassen mehr als 81,5 Mrd. Euro für Krankenhausbehandlungen ausgegeben. Das war fast ein Drittel der Krankenkassen-Ausgaben insgesamt. Auf jedes GKV-Mitglied entfielen im Schnitt 1.113 Euro. Damit stellen die Krankenhauskosten mit Abstand den größten Kostenblock in der GKV dar. In der PKV dürfte es sich nicht viel anders verhalten.

2011 machten die Krankenhauskosten noch 60,6 Mrd. Euro aus. Innerhalb eines Jahrzehnts haben sich die Ausgaben in diesem Bereich um 34,6 Prozent oder um durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr erhöht. Das ist zwar etwas weniger als der Anstieg der Gesundheitsausgaben insgesamt. Sie erhöhten sich in der gleichen Dekade um 46,4 Prozent, trotzdem bleiben die Krankenhauskosten ein „schwerer Brocken“.
 

Gutachten im Auftrag von DKG, GKV und KBV

Ein kürzlich vorgelegtes IGES-Gutachten schlägt jetzt eine massive Ausweitung ambulanter Operationen anstatt stationärer Behandlungen vor. Dadurch könnte bei den Krankenhausausgaben eine nachhaltige Entlastung erreicht werden. Das IGES - Institut für Gesundheits- und Sozialforschung - ist ein unabhängiges, ursprünglich aus der TU Berlin ausgegründetes privatwirtschaftliches Forschungs- und Beratungsinstitut für Infrastruktur- und Gesundheitsfragen. Das Gutachten wurde in Zusammenarbeit mit demGesundheitsforschungsinstitutGesundheit Österreich erstellt. Auftraggeber sind dieDeutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), derGKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).
 

Auftrag durch das MDK-Reformgesetz

Die Initiatoren folgen damit einem gesetzlichen Auftrag, der im sogenannten MDK-Reformgesetz festgeschrieben ist. Das 2020 in Kraft getretene Gesetz hat nicht nur die Tätigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen neu geregelt, sondern beinhaltet eine ganze Reihe weiterer Reformen im Umfeld des Medizinischen Dienstes, aber auch darüber hinaus. Dazu gehört u.a. die Erweiterung des „Katalogs für ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe" - kurz AOP-Katalog . Ziel war und ist die vermehrte Nutzung von ambulanten Behandlungsmöglichkeiten anstelle von stationären Eingriffen.
 

AOP-Katalog würde sich fast verdoppeln

Das IGES-Gutachten empfiehlt die zusätzliche Aufnahme von insgesamt 2.476 medizinischen Leistungen in den bestehenden AOP-Katalog. Bisher umfasst der Katalog 2.879 Leistungen. Bei Umsetzung der Gutachten-Empfehlungen würde sich der Katalog demnach nahezu verdoppeln. Das hätte gravierende Auswirkungen für die Behandlungspraxis. Die für die „Ambulantisierung“ empfohlenen OP’s und Eingriffe wurden 2015 rund 15 Millionen Mal vollstationär durchgeführt. Sie standen für mehr als jeden vierten Krankenhausaufenthalt - überwiegend dürfte es sich dabei um Kurzzeitaufenthalte gehandelt haben. Insgesamt wurden 2015 in deutschen Krankenhäusern 58 Millionen vollstationäre Leistungen erbracht.
 

Ambulantisierungs-Potential vor allem im diagnostischen Bereich

An größten ist das Ambulantisierungs-Potential bei diagnostischen Maßnahmen. Sie wurden 2019 gut sieben Millionen Mal stationär durchgeführt. Überwiegend betraf das Endoskopien im Magen-Darm-Bereich. Diese Leistungen könnten vielfach - zumindest teilweise - auch ambulant durchgeführt werden. In dem Gutachten wird ein Verfahren vorgeschlagen, nach dem Krankenhäuser im jeweiligen Behandlungskontext auch künftig einen stationären Aufenthalt begründen können, aber nicht müssen.
 

Umsetzung nicht ohne Reibungsflächen

Der GKV-Spitzenverband hat die Vorschläge des Gutachtens begrüßt und will sich in Beratungen mit DKG und KBV für die Erweiterung des AOP-Katalogs einsetzen. Dabei dürfte es auch Widerstände zu überwinden geben. Ambulante Leistungen können je nachdem von Krankenhäusern, Medizinischen Versorgungszentren oder niedergelassenen Ärzten erbracht werden. Zusätzliche Behandlungsmöglichkeiten für einen Part bedeuten u.U. weniger Behandlungen für einen anderen Part. Streit ist nicht ausgeschlossen.

 

 

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