
Jedes Jahr im Herbst werden die Rechengrößen für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung neu festgelegt. Das geschieht in der sogenannten Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung. Die noch amtierende Bundesregierung hat am 20. Oktober die Verordnung für das kommende Jahr beschlossen. Sie tritt zum 1. Januar 2022 in Kraft.
Erstmals seit zehn Jahren wird sich bei der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nichts an den Rechengrößen ändern. Die Versicherungspflichtgrenze in der GKV liegt weiter bei 64.350 Euro Jahreseinkommen (5.362,50 Euro pro Monat). Ebenfalls stabil zeigt sich die Beitragsbemessungsgrenze mit 58.050 Euro (4.837,50 Euro pro Monat).
Stabile Rechengrößen 2022 - eine Ausnahmeerscheinung
Die Versicherungspflichtgrenze gibt bei Arbeitnehmern die Einkommensschwelle an, ab der die Versicherungspflicht in der GKV endet und ein Wechsel zur PKV möglich ist. Die Beitragsbemessungsgrenze ist der maximale Einkommensbetrag, der für die Beitragsberechnung in der GKV herangezogen wird. Der Höchstbeitrag in der GKV - ohne Zusatzbeitrag - beträgt somit auch 2022 706,28 Euro pro Monat. Rechnet man den durchschnittlichen Zusatzbeitrag hinzu, ergibt sich ein (Höchst-)Beitrag von 769,16 Euro monatlich.
Die Stabilität bei den Rechengrößen ist eine Ausnahme. Normalerweise findet eine Anpassung nach oben entsprechend der allgemeinen Einkommensentwicklung statt. Doch im Pandemie-Jahr 2020 - dem relevanten Referenz-Jahr - sind die Einkommen im Schnitt nicht nur nahezu unverändert geblieben, sondern mit einem Minus von 0,15 Prozent sogar leicht gesunken. Eine Folge der in großem Umfang genutzten Kurzarbeit.
Zusatzbeiträge „nach Kassenlage“ und höherer Kinderlosenzuschlag
Ebenso unverändert bleibt der durchschnittliche Zusatzbeitrag. Er liegt 2022 wie bisher bei 1,3 Prozent. Die zu erwartenden Mehrausgaben der Krankenkassen, die nicht durch Beiträge gedeckt werden können, sollen im Wesentlichen aus Steuermitteln finanziert werden. Der Bundeszuschuss wird entsprechend aufgestockt. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag ist allerdings nur eine mehr oder weniger abstrakte Rechengröße. Die tatsächlichen Zusatzbeitragssätze werden von jeder Krankenkasse entsprechend ihrer finanziellen Lage festgelegt und können vom Durchschnittswert abweichen - nach oben und nach unten.
In der sozialen Pflegeversicherung bleibt es für Versicherte mit Kindern beim bisherigen Höchstbeitrag von 147,54 p.m.. Versicherte ohne Kinder müssen allerdings ab 2022 einen erhöhten Kinderlosenzuschlag zahlen. Der Zuschlagssatz steigt von bisher 0,25 Prozent auf 0,35 Prozent. Der Pflegeversicherungs-Höchstbeitrag für Kinderlose erhöht sich dadurch von bis dato 159,64 Euro auf 164,47 Euro monatlich. Diese Mehrbelastung ist zu 100 Prozent selbst zu tragen, da es beim Kinderlosenzuschlag keinen Arbeitgeberanteil gibt.
PKV: Corona-Zuschlag in der privaten Pflegepflichtversicherung
Für PKV-Tarife spielen die Rechengrößen im Allgemeinen keine Rolle. Die privaten Krankenversicherungstarife werden einkommensunabhängig nach dem Äquivalenzprinzip kalkuliert. Entscheidend für die Beitragsfestlegung sind die versicherten Leistungen und das individuelle Risiko. Eine Ausnahme gilt beim sogenannten Basistarif - einem von jedem PKV-Anbieter vorzusehenden Sozialtarif mit ähnlichen Leistungen wie in der GKV. Der Beitrag für den Basistarif darf - gesetzlich vorgeschrieben - den GKV-Höchstbeitrag (zzgl. durchschnittlicher Zusatzbeitrag) nicht überschreiten. Die Grenze liegt 2022 wie 2021 bei 769,16 Euro.
Auch in der privaten Pflegepflichtversicherung sind die Beiträge - anders als in der sozialen Pflegeversicherung unabhängig vom Einkommen. Bei Versicherten, die mindestens fünf Jahre privat pflegepflichtversichert sind, wird der Beitrag durch den Höchstbeitrag in der sozialen Pflegepflichtversicherung nach oben begrenzt. 2022 wird allerdings ein befristeter Corona-Zuschlag von allen privaten Pflegepflichtversicherten erhoben. Er beträgt 7,30 Euro monatlich für Versicherte mit Beihilfeanspruch und 3,40 Euro bei den übrigen Versicherten. Die Zuschlagserhebung findet nur 2022 statt.
Neue Erhöhungswelle oder Beruhigung an der Beitragsfront?
2021 war ein Jahr überdurchschnittlicher Beitragserhöhungen in der PKV. Viele Tarife verzeichneten Prämienanpassungen in zweistelliger Höhe, laut Statistischem Bundesamt lag die durchschnittliche Verteuerung - bezogen auf März 2021 - bei 5,3 Prozent. Ob es auch 2022 zu einer Beitragserhöhungswelle kommt, steht noch nicht fest. Erfahrungsgemäß erfolgen Beitragsanpassungen in der PKV „schockartig“. Nach einer starken Erhöhung gibt es oft einen flacheren Beitragsanstieg. Schuld daran ist der gesetzliche Anpassungsmechanismus, der Beitragsanpassungen erst vorsieht, wenn bestimmte auslösende Faktoren gegeben sind. Diese bauen sich in der Regel erst über mehrere Jahre auf.