Krankenkassen dürfen sich bei Leistungsanträgen nicht ewig Zeit lassen

Wenn unsicher ist, ob eine gesetzliche Krankenkasse die Kosten für eine medizinische Behandlung übernimmt, empfiehlt sich immer eine vorherige Abklärung. Mit einer Kostenzusage ist man als Kassenpatient auf der sicheren Seite. Für die Entscheidung über solche Leistungsanträge darf sich die Krankenkasse nicht ewig Zeit lassen. Dafür gibt es sogar eine gesetzliche Regelung, die 2013 durch das sogenannte Patientenrechtegesetz neu eingeführt worden ist.

Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. … Kann die Krankenkasse Fristen … nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.“ , heißt es in § 13 Abs. 3a SGB V. Die Regelung ist eigentlich eindeutig und lässt wenige Interpretationsspielräume. Im Normalfall muss binnendrei Wochen - bei Gutachteneinholung binnen fünf Wochen - über den Antrag entschieden sein.
 

Krankenkasse lehnt Leistungen nach über fünf Wochen ab

Trotzdem kommt es immer wieder zu rechtlichen Auseinandersetzungen - so auch in einem Fall, über den das Sozialgericht Heilbronn Ende letzten Jahres entschieden hat (Urteil vom 22.11.2019 - Az. S 14 KR 3166/18). Geklagt hatte eine 61jährige Frau, die nach einer Magen-Bypass-Operation 40 Kilogramm Gewicht verloren hatte. Dadurch war es zu starken Hautfaltenbildungen am Bauch, an Brüsten, Oberarmen und Oberschenkeln gekommen. Aus diesem Grund hatte die Frau im April 2018 bei ihrer Krankenkasse die Übernahme der Kosten für eine Hautstraffung-OP an den betroffenen Körperteilen beantragt.

Die Krankenkasse antwortete darauf mit Mitteilung vom 11. Mai 2018, dass über den Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Fünf-Wochen-Frist entschieden werde könne, weil noch eine Untersuchung beim Medizinischen Dienst erforderlich sei. Eine Entscheidung werde bis voraussichtlich Anfang Juni 2018 erfolgen - also nach Ablauf der Fünf-Wochen-Frist. Als das Gutachten des Medizinischen Dienstes dann vorlag, erklärte die Krankenkasse, die Kosten für eine Bauchdeckenstraffung zu übernehmen, nicht aber für Maßnahmen an weiteren Körperteilen. Es lägen keine Hautreizungen oder sonstige Hauterkrankungen vor und schlaffe Brüste ließen sich auch mit einem BH kaschieren. Ein Widerspruch der Frau gegen die (Teil-)Ablehnung wurde abgewiesen. Hiergegen klagte sie vor dem Sozialgericht.
 

Aufschubmitteilung erfüllt Anforderungen nicht

Die Richter gaben der Frau Recht und verurteilten die Krankenkasse zur Leistung auch bei den zunächst verweigerten Maßnahmen. Entscheidend dafür war im vorliegenden Fall die sogenannte Genehmigungsfiktion in § 13 Abs. 3a SGB V. Danach gilt ein Leistungsantrag nach Ablauf der gesetzlichen Frist per se als genehmigt, auch wenn eine Aufschubmitteilung erfolgt ist, aber keine ausreichende Darlegung der Aufschubgründe stattgefunden hat. Dies sahen die Richter hier als gegeben an. Die Krankenkasse hatte der Frau eine vorgefertigte Standardmitteilung zugesandt, die weder den zuständigen Sachbearbeiter erkennen ließ, noch eine Unterschrift trug. Stattdessen wurde die Grußformel „Mit freundlichen Grüßen Ihre Krankenkasse“ verwendet. Eine solche Nachricht erfülle nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine schriftliche Mitteilung. Deshalb komme die Genehmigungsfiktion zum Tragen.