GKV: geplante Maßnahmen zur Beitragsentlastung

Die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenkassen ist so gut wie seit vielen Jahren nicht. Die dynamische Konjunktur und die hohe Beschäftigung haben es möglich gemacht. Alleine im vergangenen Jahr wurden im GKV-System Überschüsse in Höhe von rund 3,1 Mrd. Euro erzielt. Die Rücklagen in der GKV sollen sich mittlerweile auf 18 Milliarden Euro belaufen.

Für den neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist das Grund genug, die Versicherten bei den Beiträgen zu entlasten. Dazu sollen die gesetzlichen Krankenkassen notfalls gezwungen werden. Die zeigen sich bislang eher sperrig, wenn es um niedrigere Beiträge geht. Mit der Festlegung von Zusatzbeiträgen haben sie eine Stellschraube dafür unmittelbar selbst in der Hand.

Der Gesundheitsminister will die Entlastung jetzt per Gesetz erzwingen. Das - als Referentenentwurf schon vorliegende - „Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ setzt dabei auch eine Reihe von Maßnahmen um, die im Rahmen des Koalitionsvertrags zur GroKo vereinbart worden sind. Wir geben an dieser Stelle einen Überblick über die geplanten Regelungen.
 

1. Auflösung von Rücklagen zur Entlastung der Beitragszahler

Der Gesetzentwurf sieht einen verbindlichen Mechanismus vor, der künftig „zu viele“ Rücklagen im GKV-System verhindern soll. Danach werden die zulässigen Reserven der Krankenkassen auf die Höhe einer Monatsausgabe begrenzt. Wenn höhere Rücklagen bestehen, müssen diese über eine Senkung der Zusatzbeiträge systematisch abgebaut werden. Ansonsten drohen empfindliche Sanktionen. Dafür gibt der Entwurf den Krankenkassen ab dem zum 1. Januar 2019 vorgesehenen Inkrafttreten des Gesetzes drei Jahre Zeit. Krankenkassen, die danach gar keinen Zusatzbeitrag mehr erheben, haben fünf Jahre Zeit. Der „Auflösungszwang“ stößt nicht nur bei den Krankenkassen auf Widerstand, er ist auch beim Koalitionspartner SPD umstritten. Von daher ist nicht sicher, ob es so kommt, wie geplant.
 

2. Einführung von paritätischen Zusatzbeiträgen

Die Zusatzbeiträge werden bislang von den GKV-Mitgliedern alleine gezahlt. Künftig soll hier die paritätische Finanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten wie bei den allgemeinen Beiträgen auch. Damit setzt der Gesetzentwurf eine Koalitionsvereinbarung um, mit der vor allem den Wünschen der SPD Rechnung getragen, die sich ansonsten mit dem Wunsch nach dem Einstieg in die Bürgerversicherung nicht durchsetzen konnte.
 

3. Entlastung von Klein-Selbständigen bei der Beitragsbemessung

Für Selbständige, die sich freiwillig gesetzlich krankenversichern, gelten besondere Regelungen zur Beitragsbemessung. Belastend wirkt sich bislang vor allem die Anwendung einer Mindestbemessungsgrundlage für die Beitragsfestlegung aus. Sie liegt 2018 bei 2.284 Euro monatlich. Gerade Klein-Selbständige verdienen oft deutlich weniger und sind daher überproportional mit Krankenkassenbeiträgen belastet. Spahn will die Mindestbemessungsgrundlage halbieren - für die Betroffenen eine spürbare Erleichterung. Damit wird ebenfalls eine Koalitionsvereinbarung umgesetzt.
 

4. Maßnahmen zum Abbau von Beitragsschulden

In der GKV sind knapp acht Milliarden Euro an Beitragsschulden aufgelaufen. Dies hängt zum einen mit der mangelnden Zahlungsfähigkeit von Versicherten zusammen – zum Beispiel bei Klein-Selbständigen -, zum größeren Teil sind aber ungeklärte Mitgliedschaften die Ursache für den Schuldenaufbau. Hier sieht der Gesetzentwurf eine in erster Linie „technische“ Bereinigung vor, die zu einem buchhalterischen Schuldenabbau führen soll.
 

5. Mehr Flexibilität bei Altersrückstellungen

Den Krankenkassen sollen künftig flexiblere Anlagemöglichkeiten im Zusammenhang mit den Altersrückstellungen ermöglicht werden. Der maximale Aktienanteil am Deckungskapital wird von 10 Prozent auf 20 Prozent verdoppelt. Damit erhalten die Krankenkassen angesichts der fortgesetzten Niedrigzinsphase mehr Spielräume, angemessene Kapitalerträge zu erwirtschaften.
 

Die finanziellen Auswirkungen der vorgesehenen Maßnahmen

Insgesamt soll das vorgesehene Maßnahmenpaket den Beitragszahlern jährliche Entlastungen in Höhe von 8,3 Mrd. Euro bringen. Der Löwenanteil davon - in Höhe von 6,9 Mrd. Euro - entfällt auf die paritätische Finanzierung der Zusatzbeiträge. Der Abbau der Rücklagen und Überschüsse wird mit 0,6 Mrd. Euro pro Jahr in den Jahren 2019 bis 2021 veranschlagt. Die Beitragsentlastung bei Selbständigen soll 0,8 Mrd. Euro ausmachen.