
Rund 17 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland verfügen über eine betriebliche Altersvorsorge. Die Betriebsrente gilt als dritte Säule der Alterssicherung und soll weiter gestärkt werden, da das gesetzliche Rentensystem an seine Leistungsgrenzen kommt und die private Altersvorsorge unter den niedrigen Zinsen leidet. Dazu passt so gar nicht eine Regelung, die Betriebsrentnern besondere Lasten bei der Krankenversicherung aufbürdet.
Denn auf die Betriebsrente sind in voller Höhe Krankenkassenbeiträge zu zahlen. Das sind 14,6 Prozent zuzüglich des kassenindividuellen Zusatzbeitrags. Die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung kommen noch oben drauf. Dadurch ist rund ein Fünftel der Betriebsrente schon für Kranken- und Pflegeversicherung verbraucht. Da es im Alter keinen Arbeitgeber mehr gibt, der die Hälfte der Beiträge übernimmt, trifft die Beitragspflicht Betriebsrentner zu hundert Prozent. Bei der gesetzlichen Rente trägt die Rentenversicherung dagegen 50 Prozent der Beiträge, bei Renten aus der privaten Altersvorsorge besteht in der Regel gar keine Beitragspflicht.
Gesundheitsminister Spahn für überwiegende Steuerfinanzierung
Die „Sonderbelastung“ der Betriebsrenten wurde 2004 eingeführt. Bis dahin war nur der halbe Beitragssatz bei der Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen. Inzwischen sind fünfzehn Jahre ins Land gegangen und die Auswirkungen von demografischem Wandel und steigender Lebenserwartung zeigen sich immer stärker. Im Kampf gegen drohende Altersarmut will die Politik die Betriebsrenten fördern. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde noch in der Schlussphase der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht. An der Krankenversicherungs-Situation hat das Gesetz allerdings nichts geändert. Auch im Koalitionsvertrag der neu aufgelegten Großen Koalition findet sich dazu nichts.
Das wollten Renten- und Gesundheitspolitiker der Koalition so nicht stehen lassen. Sowohl von Seiten der Union als auch der SPD gibt es namhafte Stimmen, die sich für eine Entlastung der Betriebsrenten stark machen. Aus der Unionsfraktion wurden für Bundesgesundheitsminister Spahn sogar vier Vorschläge für eine Beitragsentlastung vorgelegt.
Spahn griff davon einen auf und ließ einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Reform der Beitragsregelung erarbeiten. Danach sollte ab dem 1.1.2020 wieder der alte hälftige Beitragssatz für Betriebsrenten gelten. Die Kosten der Reform werden auf drei Milliarden Euro jährlich geschätzt. Nach Spahn’s Vorstellungen sollen davon 2,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln finanziert werden. Der Rest von 500 Millionen Euro sollte aus dem Gesundheitsfonds kommen und daher letztlich von den Krankenkassen finanziert werden.
Zu teuer und nicht vereinbart - Merkel gegen Entlastung
Bundesfinanzminister Scholz sprach sich allerdings umgehend gegen den Vorschlag aus. Er verwies auf die exzellente Finanzlage der Krankenkassen. Die Union wiederum ist dagegen, den Krankenkassen einseitig die Kosten der Reform aufzubürden. In einer Sitzung der Unionsfraktion vor wenigen Tagen hat sich Bundeskanzlerin Merkel dem Vernehmen nach gegen das Reformvorhaben gestellt. Eine Regierungssprecherin verwies darauf, dass die Reform ziemlich viele Geld kosten würde und nicht Gegenstand der Koalitionsvereinbarung gewesen sei. Insofern dürfte die Beitragsentlastung vorerst auf Eis gelegt sein.
Ab endgültig erledigt ist das Thema damit wohl nicht. Immerhin hat die CDU erst auf ihrem Parteitag im Dezember beschlossen, den „Doppelbeitrag“ abzuschaffen. Carsten Linnemann (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) kündigten bereits an, sich weiter für eine Lösung einzusetzen. Bis die kommt, könnte es allerdings noch etwas länger dauern.
PKV-Versicherte nicht betroffen
Wer privat krankenversichert ist, ist übrigens von der Thematik nicht betroffen. Denn hier zählt für die Beitragsberechnung nur das individuell versicherte Risiko. Ob eine Betriebsrente bezogen wird oder nicht, hat daher auf die Höhe der PKV-Beiträge keinen Einfluss.