Versicherungspflicht und Befreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung

Seit 2007 besteht in Deutschland Versicherungspflicht im Hinblick auf die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Sie wurde durch das sogenannte GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz begründet. 2009 wurde im Rahmen des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) dann auch eine Allgemeine Krankenversicherungspflicht (§ 193 Abs. 3 VVG) eingeführt. Dadurch sind Personen, die sich nicht gesetzlich krankenversichern müssen, seither ebenfalls verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Mit beiden Regelungen wollte der Gesetzgeber die bis dahin bestehende hohe Zahl an Personen ganz ohne Krankenversicherung reduzieren.

Aufgrund dieser Regelungen zur allgemeinen und gesetzlichen Krankenversicherungspflicht ist zu unterscheiden zwischen Personen,

  • die kraft Gesetz in der GKV pflichtversichert sind;
  • die frei von der Versicherungspflicht in der GKV sind und daher zwischen einer freiwilligen GKV-Mitgliedschaft und der PKV wählen können;
  • die sich trotz eigentlich bestehender GKV-Pflichtmitgliedschaft von der Versicherungspflicht in der GKV befreien lassen zu können, um privaten Krankenversicherungsschutz abzuschließen oder aufrecht zu erhalten.
     

Was gilt bezüglich Versicherungspflicht in der GKV?

Die Versicherungspflicht in der GKV ist im Einzelnen im Fünften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V) geregelt. § 5 Abs. 1 SGB V enthält eine detaillierte Auflistung aller Personengruppen, die in der GKV pflichtversichert sind. Dazu zählen insbesondere:

  • Arbeitnehmer mit einem Einkommen von mehr als 450 Euro im Monat;
  • Auszubildende und Praktikanten, die im Rahmen von Ausbildung oder Studium eine unentgeltliche Praxisstation absolvieren;
  • Studenten bis zum 14. Fachsemester bzw. 30. Lebensjahr;
  • Rentner, wenn sie in der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens zu mindestens 90 Prozent der Zeit GKV-Mitglied waren;
  • Künstler und Publizisten im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes;
  • Bezieher von Arbeitslosengeld I und von Unterhaltsgeld im Sinne von SGB III, in der Regel auch ALG II-Bezieher (umgangssprachlich Hartz IV-Empfänger);
  • Landwirte und mitarbeitende Angehörige;
  • Personen ohne anderweitigen Anspruch auf Krankenversicherung, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder keine Krankenversicherung besessen haben.

Ehepartner und Kinder von Versicherungspflichtigen in der GKV können im Rahmen der Familienversicherung kostenlos mitversichert werden. Wenn ein Partner privat krankenversichert ist, darf dieser nicht mehr verdienen als der Partner mit GKV-Mitgliedschaft, um die Familienversicherung nutzen zu können. Die Familienversicherung muss bei der gesetzlichen Krankenkasse stets extra beantragt werden.
 

Wer muss nicht Pflichtmitglied in der GKV sein?

Grundsätzlich nicht pflichtversichert in der GKV sind Beamte sowie Freiberufler und Selbständige (Ausnahme selbständige Künstler und Publizisten). Dennoch besteht auch für sie die Pflicht zum Abschluss einer Krankenversicherung. Diese Personengruppen haben die Wahl, ob sie sich freiwillig gesetzlich krankenversichern möchten oder einen privaten Krankenversicherungsschutz vereinbaren. Die gleiche Wahlmöglichkeit haben auch Studenten, die das 14. Fachsemester bzw. das 30. Lebens-jahr überschritten haben.

Beamte müssen in der PKV nur den Teil absichern, der nicht durch die Beihilfe abgedeckt wird. Beamte mit Anspruch auf Heilfürsorge (Polizisten, Justizbedienstete in einigen Bundesländern) benötigen überhaupt keine Krankenversicherung, weil der Dienstherr die Krankheitskosten trägt. Sie können tatsächlich versicherungsfrei bleiben.

Bei Arbeitnehmern endet die Versicherungspflicht in der GKV, wenn das Jahres-Bruttoeinkommen die Versicherungspflichtgrenze überschreitet. Diese Sozialversicherungs-Rechengröße wird jedes Jahr neu festgelegt. 2018 liegt die Versicherungspflichtgrenze bei 59.400 Euro. Solche „Besserverdiener“ können dann ebenfalls zwischen einer freiwilligen GKV-Mitgliedschaft und der PKV wählen.
 

Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV

Unter bestimmten Voraussetzungen haben einige Personengruppen die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, auch wenn eigentlich Versicherungspflicht in der GKV besteht. Dadurch soll es zum Beispiel ermöglicht werden, einen schon bestehenden privaten Krankenversicherungsschutz aufrecht zu erhalten. Rechtsgrundlage für Befreiungen bildet § 8 Abs. 1 SGB V. Danach ist auf Antrag eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV möglich bei:

  • Arbeitnehmern, deren Einkommen nicht in dem Maße wie die Versicherungspflichtgrenze gestiegen ist und die daher auf einmal unter die Grenze rutschen;
  • Arbeitnehmern in Teilzeit, die ihre Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduzieren und in den letzten fünf Jahren davor nicht GKV-pflichtversichert waren;
  • Arbeitnehmern mit Teilzeitarbeit wegen Eltern- oder Pflegezeit. Die Befreiung ist nur für die Dauer der Teilzeitarbeit möglich;
  • Studenten, die sich erstmals an einer Hochschule einschreiben oder bei denen die Mitversicherung im Rahmen der Familienversicherung während des Studiums endet. Nähere Informationen bietet der Beitrag „Die private Krankenversicherung für Studenten - was ist zu beachten?“;
  • Beziehern von Arbeitslosengeld I und Unterhaltsgeld, wenn in den letzten fünf Jahren vor dem Bezug keine Versicherungspflicht in der GKV bestand;
  • Rentnern, die mit der Stellung des Rentenantrags eigentlich in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig werden.

Wenn die Befreiung von der GKV-Versicherungspflicht beantragt wird, dann muss der Befreiungsantrag grundsätzlich innerhalb von drei Monaten nach dem entsprechenden Ereignis (zum Beispiel Einschreibung als Student, Stellung des Rentenantrags) gestellt werden. Später ist keine Befreiung mehr möglich. Der Antrag ist bei der gesetzlichen Krankenkasse zu stellen, bei der bis dahin Versicherungsschutz bestand bzw. bei der ohne Befreiung voraussichtlich eine Versicherung erfolgt wäre.

Die Befreiung gilt im Allgemeinen rückwirkend. Wenn jedoch bereits im Zeitraum zwischen Eintritt des Befreiungsanlasses und Antragstellung Krankenkassen-Leistungen in Anspruch genommen wurden, gilt die Befreiung erst ab dem Folgemonat der Antragstellung.

Wichtig zu wissen: die Befreiung ist unwiderruflich. Eine aufgrund einer Beschäftigung ausgesprochene Befreiung wirkt allerdings nur so lange, so lange die Beschäftigung auch tatsächlich besteht. Das hat das Bundessozialgericht 2011 in einem Grundsatzurteil so entschieden (BSG-Urteil am 25.05.2011 – Az. B 12 KR 9/09 R).
 

Rückkehr in die GKV

Im Allgemeinen gilt: wer sich einmal für die PKV entschieden hat, muss fortan in dem System bleiben - es sei denn, es treten Umstände ein, die eine erneute Versicherungspflicht in der GKV begründen.

Bei Arbeitnehmern ist das nur möglich, wenn das Einkommen wieder unter die Versicherungspflichtgrenze sinkt. Bei einer bestehenden Beschäftigung lassen sich entsprechende Einkommensreduzierungen meist nur im Rahmen von Teilzeitarbeit, einer vorübergehenden „Auszeit“ oder durch Entgeltumwandlung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge erreichen.

Privat versicherte Studenten kehren in der Regel mit der Aufnahme einer ersten abhängigen Beschäftigung nach dem Abschluss automatisch in die GKV zurück, es sei denn, sie gehören gleich zu den TOP-Verdienern oder machen sich selbständig.

Selbständige und Freiberufler können de facto nur dann in die GKV zurückkehren, wenn sie ihre Tätigkeit aufgeben und eine abhängige Beschäftigung mit einem Einkommen unterhalb der Versicherungspflichtgrenze aufnehmen.

Für PKV-Versicherte, die 55 Jahre oder älter sind, ist eine Rückkehr in der GKV generell nur noch in ganz wenigen Ausnahmefällen möglich.

 

 

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