BSG-Urteil: keine GKV-Beiträge auf Überbrückungsgeld

Rentenbezieher müssen wie normale Arbeitnehmer Krankenversicherungsbeiträge leisten. Bei GKV-Mitgliedern sind die Rentenbezüge die Bemessungsgrundlage für Beitragszahlungen. Neben der gesetzlichen Rente fallen grundsätzlich auch Betriebsrenten, Zusatzrenten, Witwen- und Waisenrenten unter die Beitragspflicht. Wer nicht die Voraussetzungen für die Krankenversicherung der Rentner erfüllt, muss sogar Beiträge auf seine Kapitaleinkünfte und Mieterträge zahlen.

Während beim Beitrag aus der gesetzlichen Rentenversicherung die Rentenkasse die Hälfte übernimmt, sind Rentner für die übrigen Beitragsanteile zu hundert Prozent in der Pflicht. Es macht daher etwas aus, ob Bezüge vorliegen, für die eine Beitragspflicht besteht oder nicht. Obwohl die Regelungen eigentlich recht klar erscheinen, gibt es doch immer wieder Streitfälle und Zweifelsfragen - zum Beispiel bei den Betriebsrenten. In einem solchen Fall hat kürzlich das Bundesozialgericht (BSG) höchstrichterlich entschieden, bei dem es um ein Überbrückungsgeld ging BSG-Urteil vom 20. Juli 2017, Aktenzeichen B 12 KR 12/15 R).
 

Krankenkasse fordert Nachzahlungen

Geklagt hatte ein Rentner, der sein Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmer 1998 vorzeitig beendet hatte. Das war noch einige Jahre vor Erreichen des gesetzlichen Renteneintritts geschehen. Aufgrund einer bestehenden Direktzusage seines Arbeitgebers hatte er bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen Anspruch auf ein „betriebliches Ruhegeld“ in Höhe von monatlich 1327,55 DM (678,77 Euro) bis zum offiziellen Renteneintritt, das danach als Betriebsrente weitergezahlt wurde.

Mit dem Beginn des Rentnerstatus leistete der Kläger wie vorgesehen die Krankenversicherungsbeiträge auf die Betriebsrente. Das genügte aber seiner Krankenkasse nicht, sie forderte Nachzahlungen für das erhaltene Überbrückungsgeld während des Zeitraums des vorzeitigen Ausscheidens bis zum Rentenstart. Daraus entspann sich ein Rechtsstreit durch mehrere Instanzen, in dem die Krankenkasse Recht erhielt. Schließlich landete der Fall vor dem BSG.
 

Fortentwicklung der bestehenden BSG-Rechtsprechung

Die Richter in Kassel entschieden nun zugunsten des Klägers: für das Überbrückungsgeld bis zum Renteneintritt besteht keine GKV-Beitragspflicht. Die Nachforderung Krankenkasse war unberechtigt. Maßgebend für ihr Urteil war die Frage, ob es sich bei dem „betrieblichen Ruhegeld“ um - grundsätzlich beitragspflichtige - Versorgungsbezüge oder um ein Überbrückungsgeld handelte. Die Richter sahen den Überbrückungszweck als vorrangig gegeben an.

Damit wurde eine bereits frühere Rechtsprechung des Gerichtes bestätigt. Damals hatte das BSG allerdings in einem Fall geurteilt, in dem eine von vornherein befristete Zusage bis zum Renteneintritt vorgelegen hatte. Das war diesmal nicht gegeben, die Direktzusage wies keine Befristung auf. Insofern bedeutet das Urteil eine Fortentwicklung der bestehenden Urteilslage.
 

Argumentation mit dem Grundgesetz

Auch für die Beitragsfreiheit des unbefristeten Überbrückungsgeldes lieferte das Gericht eine Begründung. Die Versicherungs- und Beitragspflicht in der GKV bedeute einen erheblichen Eingriff in die durch das Grundgesetz geschützte allgemeine Handlungsfreiheit (Artikel 2 Absatz 1 GG). Regelungen müssten daher so erfolgen, dass das Grundrecht so wenig wie möglich eingeschränkt werde. Bei Auslegungsfragen sei im Sinne dieser Minimal-Einschränkung zu entscheiden.

 

 

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