Die GKV finanziert sich überwiegend durch Beiträge der Krankenkassen-Mitglieder. Außerdem erfolgen seit langem Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt - in erster Linie für die Finanzierung der kostenlosen Familienversicherung aber auch aus anderen Gründen. Die Familienversicherung ist eine staatliche Sozialleistung und keine Versicherungsleistung. Die Bezuschussung wird im nächsten Jahr nochmals deutlich ausgeweitet.
Seit 2017 ist der Bundeszuschuss bei 14,5 Mrd. Euro jährlich festgeschrieben gewesen. Noch von der alten Bundesregierung war den Krankenkassen für 2022 ein zusätzlicher Zuschuss in Höhe von 7 Mrd. Euro zugesagt worden. Damit sollten Ausgabensteigerungen durch das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) aufgefangen werden. Kürzlich hat der amtliche Schätzer-Kreis eine weitere Finanzlücke von 7 Mrd. Euro ermittelt.
Rekordzuschuss von 28,5 Mrd. Euro in 2022
Diese soll jetzt durch eine entsprechende weitere Aufstockung des Bundeszuschusses in gleicher Höhe ausgeglichen werden. Ein entsprechender „Referentenentwurf einer Verordnung zur Festsetzung des ergänzenden Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds“ liegt schon vor. Der Bundeszuschuss würde damit 2022 auf den Rekordwert von 28,5 Mrd. Euro steigen.
An der Maßnahme übt der PKV-Verband - die Interessenvertretung der privaten Krankenversicherer - in einer Stellungnahme heftige Kritik. Man sieht die GKV auf schleichendem Weg zu einer Finanzierung aus Steuermitteln und bewertet das als gravierenden Wettbewerbsnachteil für die privaten Anbieter. Diese müssten für ihre Leistungen auf staatliche Zuschüsse verzichten und seien ausschließlich auf Beiträge der Versicherten angewiesen.
Strukturelle Gründe für wachsende GKV-Defizite
Die erhöhten Zuschüsse würden im Referentenentwurf nur bedingt zutreffend mit Pandemie-Folgen und der Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge auf 40 Prozent des Arbeitseinkommens (sogenannte Sozialgarantie) begründet, so der PKV-Verband. Die Deckungslücken der GKV könnten nach eigenen Angaben tatsächlich nur zu 20 Prozent auf die Pandemie zurückgeführt werden. Die Finanzprobleme seien vor allem durch gesetzliche Leistungsausweitungen in den vergangenen Jahren und durch strukturelle Faktoren wie allgemeine Kostensteigerungen, die zunehmende Alterung der Gesellschaft und die höhere Lebenserwartung bedingt.
Solle es über 2022 hinaus bei stabilen GKV-Beiträgen bleiben und entwickelten sich Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen wie im Schnitt der letzten 20 Jahre, dann brauche es bereits 2030 einen Zuschuss von mehr als 80 Mrd. Euro zur Ausgabendeckung, bei ungünstiger Ausgabenentwicklung seien sogar bis zu 130 Mrd. Euro Haushaltsmittel nötig. Diese Gelder stünden dann für andere wichtige Aufgaben wie Klimaschutz, Digitalisierung, Bildungs- und Infrastruktur-Investitionen nicht zur Verfügung oder die öffentliche Verschuldung müsse deutlich steigen.
GKV in zunehmender Abhängigkeit von Steuerfinanzierung
Die Gesundheitsversorgung durch die Krankenkassen laufe angesichts der skizzierten Entwicklung Gefahr, in zunehmende Abhängigkeit vom Bundeshaushalt zu geraten und die Grenzen zwischen Beitragsfinanzierung und Steuerfinanzierung würden mehr und mehr verwischt. Der Wettbewerb zwischen den beiden Krankenversicherungs-System würde dadurch zu Lasten der „Privaten“ einseitig geschwächt. Nachteile hätten davon letztlich alle Leistungsbezieher.
Beim PKV-Verband dürfte man auch gespannt auf die laufendenKoalitionsverhandlungen der „Ampel“ schauen. Im Sondierungspapier der wahrscheinlichen Regierungspartner SPD, Grüne und FDP findet sich zur „Systemfrage“ bei der Krankenversicherung nur der kryptische Satz: „Die gesetzliche und die private Kranken- und Pflegeversicherung bleiben erhalten“ . Das kann alles und nichts bedeuten.