Dank guter Konjunktur und hoher Beschäftigung konnten sich die deutschen Krankenkassen in den letzten Jahren nicht über ihre Finanzlage beschweren. Die Einnahmen übertrafen die Ausgaben deutlich und führten zu einem üppigen Reservepolster in Milliardenhöhe. Dem Bundesgesundheitsminister war die Anhäufung von Rücklagen schon ein Dorn im Auge und die Kassen sind mittlerweile verpflichtet worden, zu üppige Reserven abzubauen.
Doch die Zeiten überfließender Geldtöpfe neigen sich wohl dem Ende zu. Nach Recherchen der Frankfurter Allgemeine Zeitung haben die 109 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland im ersten Quartal dieses Jahres mit einem Minus abgeschlossen. Es wäre die erste Ausgabenunterdeckung seit vier Jahren. Danach wurden von den Kassen im ersten Quartal dieses Jahres 112 Mio. Euro mehr verausgabt als an Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds geflossen sind.
Kassenlage um eine halbe Milliarde Euro verschlechtert
Im gleichen Vorjahreszeitraum war dagegen noch ein Überschuss von 416 Mio. Euro erzielt worden. Die Kassenlage hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 528 Mio. Euro verschlechtert. Dies dürfte dieses Jahr anders aussehen, sollte sich der Trend fortsetzen. Zum Teil ist das „Loch“ auf Beitragssenkungen zurückzuführen und daher bewusst in Kauf genommen. Etliche Krankenkassen haben ihre Zusatzbeiträge angesichts der großen Reserven gesenkt. Einnahmeausfälle sind daher mit einkalkuliert. Es gibt aber auch andere Gründe für die Verluste. Interessant ist der Blick auf die einzelnen Kassenbereiche:
die AOK’s konnten in den ersten drei Monaten noch einen Überschuss von 89 Mio. Euro erzielen, der sich aber gegenüber den 197 Mio. Euro des Vorjahres mehr als halbiert hat. Die Ausgaben AOK’s sind um 2,6 Prozent gestiegen, stärker als 2018;
die Ersatzkassen wiesen Ende März ein Minus von 151 Mio. Euro auf. Dieses geht praktisch ausschließlich auf das Konto der Techniker Krankenkasse (TK). Bei den übrigen Ersatzkassen hielten sich Gewinne und Verluste die Waage. Die TK hat ihren Zusatzbeitrag in diesem Jahr um 0,2 Prozentpunkte reduziert. Die Ausgaben pro Versichertem im Bereich der Ersatzkassen sind mit 4,8 Prozent besonders stark gestiegen - erheblich mehr als bei den AOK’s.
die Betriebskrankenkassen verzeichnen ein Defizit von 60 Mio. Euro, bei den Innungskrankenkassen sind es 16 Mio. Euro.
Die Zeit der Überschüsse in der GKV geht vorbei
Aufs ganze Jahr gesehen hatten die Krankenkassen 2018 rund zwei Mrd. Euro Überschüsse erwirtschaftet. Keine einzige Kasse wies eine Ausgabenunterdeckung auf. Zum Jahresende betrug das Rücklagenpolster der Kassen zusammen circa 21 Milliarden Euro - allerdings mit sehr unterschiedlicher Verteilung. Im Gesundheitsfonds befanden sich nochmals 10 Mrd. Euro Reserven. Mit diesem Polster ist das GKV-System trotz Verlusten bis auf weiteres sehr gut aufgestellt.
Doch die schwächelnde Konjunktur, stärker als die Wirtschaft steigende Gesundheitsausgaben und auch einige ausgabenwirksame Gesetze der Großen Koalition werden dazu führen, dass eintrifft, was die Vorsitzende des Ersatzkassenverbandes prophezeit: „Die Zeit der Überschüsse in der GKV geht vorbei.“