Gesetzliche Krankenkassen im 1. Quartal 2020 mit roten Zahlen

Es war bereits befürchtet worden - die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen hat sich im 1. Quartal 2020 weiter verschlechtert. Nachdem bereits das Jahr 2019 mit einem Minus von 1,5 Mrd. Euro abgeschlossen worden war, sind in den ersten drei Monaten dieses Jahre zusätzlich 1,3 Mrd. Euro aufgelaufen.

Die Rücklagen der Krankenkassen sanken infolge des Einnahmedefizits von 19,8 Mrd. Euro (Ende 2019) auf 18,3 Mrd. Euro (Ende März). Das ist zwar immer noch ein üppiges Polster und viermal mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Aber endlos lässt sich der Zugriff auf die Rücklagen nicht fortsetzen. Das gilt umso mehr als Belastungen durch Corona in diesen Zahlen noch kaum erfasst sind.
 

Abschüssige Finanzentwicklung bereits 2019

Erst mit dem flächendeckenden Lockdown Mitte März wurde nämlich das wahre Ausmaß der Pandemie-Bedrohung deutlich. Die bis dahin aufgetretenen, überschaubaren Corona-Fälle hinterließen in der Finanzstatistik der Krankenkassen noch wenig Spuren. Massive Ausgabensteigerungen und Mindereinnahmen wegen Corona dürften erst ab April - also nach dem Ende des 1. Quartals - sichtbar werden. Die Quartalsbilanz der Krankenkassen gibt im Wesentlichen einen Stand vor Corona wider.

Dass auch diese Zahlen eher bescheiden ausgefallen sind, lässt für die weitere GKV-Kassenlage wenig Gutes ahnen. Es gibt mehrere Gründe für die Verschlechterung der Finanzsituation. Was heute schon fast vergessen ist: auch vor dem Corona-Stillstand war die Konjunktur bereits schwächer geworden, die Einnahmequellen der Krankenkassen sprudelten nicht mehr so üppig wie in den Vorjahren. Parallel dazu hatte sich wieder eine neue Kostendynamik im Gesundheitswesen entwickelt - durch allgemeine Lohn- und Preissteigerungen, neue medizinische Verfahren und den demografischen Wandel. So verlief bereits das Jahr 2019 nach einer längeren Zeit der Überschüsse defizitär.

Die größten Defizite sind in den ersten drei Monaten bei denAOK’s (-435 Mio. Euro) und bei den Ersatzkassen (-542 Mio. Euro) entstanden. Bei letzteren war das Defizit allerdings stark durch einen Sondereffekt bei einer einzelnen Ersatzkasse beeinflusst. Die Betriebskrankenkassen schlossen mit einem Minus von 198 Mio. Euro ab und die Innungskrankenkassen hatten ein Defizit von 99 Mio. Euro.
 

Mehr Bundeszuschüsse und steigende Zusatzbeiträge?

Insgesamt gilt also: auch ohne Corona-Krise wäre 2020 ein schwierigeres Krankenkassen-Jahr geworden. Das gilt jetzt umso mehr. Auf der Einnahmeseite wird sich die schwere Rezession ungünstig bemerkbar machen. Wegen der Corona-Maßnahmen kommen außerdem auf die Krankenkassen zusätzliche Ausgaben zu - für Kosten durch Corona-Tests, Sondervergütungen für Ärzte, Krankenhäuser und Personal sowie für Corona-Behandlungen.

Es ist wie bei einer Kerze, die von zwei Seiten abbrennt. Deren Substanz ist bekanntlich besonders schnell verbraucht. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass manche Behandlung und OP wegen der Krise aufgeschoben wurde und Ausgaben dafür erst einmal nicht anfallen. Denn aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. Die „gesparten“ Kosten werden später zu Buche schlagen.

Von daher dürfte man im Krankenkassenbereich mit bangen Erwartungen den Ergebnissen des 2. Quartals entgegenschauen. Hier wird sich der Corona-Effekt in vollem Umfang zeigen. Im Mai stieg die Arbeitslosenzahl bereits auf 2,813 Mio. - 543.000 mehr als noch im März. Und für 10,66 Mio. Arbeitnehmer war Kurzarbeit angezeigt, wenn auch nur zum Teil realisiert - ein historisch einmaliges Niveau. Es muss bezweifelt werden, dass die bereits beschlossene Aufstockung des Bundeszuschusses für den Gesundheitsfonds ausreichen wird, um die Kassenlage zu stabilisieren. Erst im Herbst will die Bundesregierung über eine mögliche weitere Finanzspritze entscheiden. Und die Versicherten können sich wohl bereits jetzt auf steigende Zusatzbeiträge in 2021 einstellen.

 

 

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